Herzlich willkommen zu Procurement Unplugged, den Podcast mit Einkaufs Experten für die Einkaufs Welt. Schön, dass Sie einschalten.
Fabian Heinrich: Herzlich willkommen zu einer weiteren Folge von Procurement Unplugged hier beim (...). Wir haben heute zum Ersten Mal einen weiblichen Gast, da freuen wir uns auch sehr, dass es im Procurement fast schon eine Seltenheit, haben wir auch kurz im Vorgespräch besprochen. Ich freue mich sehr auf Nina Bomberg und ja, Nina, the stage is yours. Stell dich doch gerne mal vor. Wie bist du zum Procurement gekommen bzw. was waren so verschiedene Stationen in den letzten Jahren deiner Laufbahn?
Nina Bomberg: Ich glaube, zum Einkauf gekommen bin ich wie die Jungfrau zum Kinde, wie es so vielen meinen Kollegen geht. Ich bin da so ein bisschen reingestolpert. Und dann hat's mir gefallen und dann bin ich einfach nie wieder gegangen. Und so sind dann auf einmal 15 Jahre um im Einkauf, die ich da verbracht habe. Ich habe angefangen im Handel, dann später bei Fressnapf und habe es dann später auch in FMCG gemacht, bei Mars mit Schokoriegeln. Es war auch definitiv die Firma mit der besten Pausenverpflegung, die wir je hatten. Und meine Familie war sehr traurig, als ich das getauscht habe gegen die Chemieindustrie. Da habe ich das dann gemacht für einen speziellen Hersteller von Kleber. Und jetzt bin ich in die Automotive Industrie gewechselt und ich habe immer den indirekten Einkauf betreut und bin jetzt in dieser aktuellen Firma bei ESG Automotive bin ich für den indirekten Einkauf global verantwortlich, mit dem Team. Und ja, wir versuchen es ein bisschen zu steuern, ein bisschen zu strukturieren, global ein bisschen zu bündeln, was wir da bündeln können und haben da eigentlich ganz spannende Aufgaben jeden Tag vor der Brust.
Fabian Heinrich: Ja, sehr interessant. Ich meine historisch vor allem bei dem Automotive Unternehmen oder bei einem OEM, ist ja eher so der der direkte Einkauf, den man da so verordnet. Vielleicht wäre es mal spannend zu erfahren. Ich meine was macht der indirekte Einkauf bei einem Automotive? Wie ist der Stellenwert, das Prestige des indirekten Einkaufs? Und wie hat sich das die letzten fünf bis zehn Jahre entwickelt?
Nina Bomberg: Also ich denke, was man beim indirekten Einkauf ein stückweit sehen muss, ist dass wir nicht mehr die Preise hinterm Komma verhandeln. Also das ist nicht der der Teil, wo im indirekten Einkauf die Musik spielt, sondern da kann man in vielen Fällen deutlich mehr Geld sparen, wenn man einen Prozess vernünftig aufsetzt, wenn man da vernünftig auch mit den internen Business Partnern zusammenarbeitet und denen die richtigen Materialien beschafft. Und es ist natürlich auch unglaublich wichtig, dass die Sachen zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Wenn für irgendeine handelsübliche Schraube, die in der Produktion fehlt, die Produktion steht, dann ist es fast egal, was diese Schraube gekostet hat. Und wenn jemand da fünf Euro für haben will, wenn dafür die Produktion nicht steht, dann ist es das wert, die zu kaufen. Das heißt, da muss man dann sehr, sehr genau abwägen, welchen Kompromisse kann ich da gehen? Wir sind natürlich eine 1A Dienstleistungsabteilung, d.h. wir stellen selber nichts her. Das heißt, wir müssen irgendwie einen Wert fürs Unternehmen generieren und das tun wir über den Service, den wir anderen Abteilungen bieten, wie Warenverfügbarkeit und auch zum besten verfügbaren Preis. Was natürlich bei uns auch ist, ist, dass es halt unglaublich vielseitig ist, also der indirekte Einkauf ist halt ein extrem breites Spektrum. Ich werde nie den Tag vergessen, in dem ich vormittags Elefanten mieten sollte und nachmittags Steuerprüfer gesucht habe. Das ist im indirekten Einkauf keine Seltenheit. Auch wenn ich zugebe, dass man Elefanten nicht ganz so oft sucht.
Fabian Heinrich: Aber Komfort.
Nina Bomberg: Aber Komfort. Beim Automotive jetzt nicht so, das war noch zu meiner Schokozeit. Aber da braucht Marketing manchmal auch einen Elefanten.
Fabian Heinrich: Ja, wir haben auch schon gehört von Clowns, die man hin oder wieder mal immer sucht im Internet und einkauft. Also das scheint so schon ein sehr, sehr vielfältiges Feld zu sein.
Nina Bomberg: Das ist wahr. Wir sind so ein bisschen das Kuriositätenquartett. Es kommt immer mal wieder irgendjemand um die Ecke, mit etwas, wo man denkt, okay, weiß ich jetzt nicht genau, wo ich das her kriege, aber ich kümmere mich und es kann halt alles Mögliche sein. Ich hatte jetzt zum Beispiel auch vor zwei Monaten, dass die Kollegen aus Indien kamen und sagen Hey Nina, kannst du uns Beatmungsgeräte besorgen? Weil irgendwie haben wir die der indischen Regierung versprochen, aber irgendwie finden wir die gar nicht. Kannst du uns die besorgen? Und dann macht man sich eben auf die Suche nach Beatmungsgeräten als Automotive Hersteller. Das heißt, man sucht immer mal wieder Sachen, von denen man nicht unbedingt gewusst hätte, dass sie so ins eigene Spektrum gehören.
Fabian Heinrich: Und du meintest ja schon, es ist jetzt nicht die Ziel-KPI, dass man die letzte Nachkommastelle verhandelt und jedes Jahr noch mehr Savings rausholt wie jetzt im direkten Bereich. Was wären denn die Ziel-KPIs? Du hast schon ein paar genannt, Kollaboration ist wichtig und eben Automatisierung. Und ich meine zum einen was wären Ziel-KPIs? Zum anderen: Welche Herausforderungen siehst du da im Moment im indirekten Einkauf?
Nina Bomberg: Also Savings gehören natürlich dazu, gar keine Frage. Und das wird auch nach wie vor immer noch gemessen. Aber es ist nicht der Dreh und Angelpunkt. Wenn ich jetzt zum Beispiel gucke, letztes Jahr, dieses Jahr und auch im nächsten Jahr, wird die Logistik unsere Herausforderung bleiben. Mit viel Abstand. Jeder versucht irgendwie, seine Ware von A nach B zu kriegen. Es gibt zu wenig Schiffe, die Schiffe fahren zu langsam bzw. sie stehen zu lange in den Häfen. Es gibt keine Container. Das heißt da ist diese Abstimmung ist der wirklich knifflige Teil für uns, den es für uns zu managen gilt und gleichzeitig auch im Unternehmen ein Verständnis dafür zu generieren, warum manche Sachen aktuell in der Logistik z.B. nicht so funktionieren, wie sie sonst funktionieren. Das sind jetzt halt Besonderheiten dieses Jahres. Was natürlich aber grundsätzliche Themen sind, ist es schon, Sachen zu automatisieren. Non value added work rauszunehmen, um die Leute nicht mit repetitiven Aufgaben zu beschäftigen, die ehrlich gesagt die Leute nur langweilen und wo auch wirklich jeder Mindestlöhne und zu teuer für ist, um so um es uns dann wirklich auszuführen und auch irgendwann...
Fabian Heinrich: Was wären zum Beispiel so Beispiele für die Automatisierung? Ich meine, dass das vielleicht für unsere Hörer noch ein bisschen greifbarer wird. Ich meine, was könnte man denn zum Beispiel automatisieren?
Nina Bomberg: Also viele stupide Dinge, wie zum Beispiel das Anlegen von neuen Lieferanten, alles was Stammdaten angeht, ob es Lieferanten oder Material Stammdaten sind. Das Umwandeln von Anforderungen in Bestellungen, das Verarbeiten von Bestellbestätigungen, die von Lieferanten zurückkommen, das Prüfen von Rechnungsdifferenzen. Das sind oft Banalitäten. Warum zum Beispiel eine Rechnung hängenbleibt, zum Beispiel klassisches Beispiel: Die Rechnung kommt in Rollen und die Bestellung war ein Meter. Da kann auch genauso gut ein Computer prüfen, ob der Umrechnungsfaktor stimmt. Da brauche ich nicht einen Menschen mit dem Taschenrechner hinsetzen, der jetzt guckt, ob da wirklich 3 Meter auf eine Rolle waren.
Fabian Heinrich: Ja. Nein, ich kann mir auch vorstellen, das geht dann auch in das ganze Thema Sourcing mit rein. Ich könnte mir vorstellen, im Sourcing Prozess hat man die Thematiken ja dann auch noch viel mehr. Also sprich RFI-Fragen und so weiter und sofort, pricing sheets.
Nina Bomberg: Natürlich ein Stück weit auch da, gerade wenn wir auch über C-Teile sprechen, greift es jetzt noch viel, viel mehr, als wenn ich jetzt wirklich komplexe Dinge habe. Aber so eine klassische M6-Schraube, die ist halt auch dreimal ausspezifiziert, da passiert halt auch nicht mehr viel. Das heißt, da kann ich auch die Beschaffung weiter automatisieren. Wir hatten im Vorgespräch schon mal kurz drüber geredet über die Katalog Bestellungen, die in vielen großen Unternehmen schon gang und gäbe sind. Bei uns natürlich auch. Auch wir haben Kataloge, um all diese Sachen abzuwickeln. Und deshalb ist es für uns jetzt nicht die ganz große Herausforderung. Aber ich denke, dass es für die Industrie im Ganzen halt noch eine große Herausforderung ist, denn bei vielen sehr großen Unternehmen ist es halt schon längst Usus, aber bei vielen kleineren eben nicht. Also ich, das letzte Unternehmen, bei dem ich gearbeitet habe, da habe ich vor neun Jahren angefangen, die hatten überhaupt keinen indirekten Einkauf, es waren zwei Milliarden Dollar Unternehmen. Wir hatten einfach so viel Marge, dass es nicht wichtig war und dass sie sich nicht drum kümmern mussten und dass sie sich streng genommen für das Geld, was da auf der Straße lag, nicht bücken mussten und es deshalb einfach haben liegen lassen. Die hatten nicht mal Bestellungen.
Fabian Heinrich: Könnte man das vielleicht so formulieren, dass man sagt: Okay, je kleiner das Unternehmen ist, desto mehr liegt der indirekte Einkauf auch noch in der Fachabteilung?
Nina Bomberg: Definitiv, in der Fachabteilung oder klassischerweise auch bei der Assistenz des Geschäftsführers. Das sind dann so Klassiker, die eben Dinge beschaffen. Also gerade, wenn das Unternehmen noch klein ist und drei neue Schreibtische braucht, die machen da keine Ausschreibung für, also keine klassische, sondern da werden eben irgendwie die zwei, drei Lokalen angerufen. Und vielleicht guckt noch mal einer online bei Ikea, was der kostet und dann werden eben drei Schreibtische angeschafft und dann ist gut. Wenn ich aber nun mal 300 Schreibtische anschaffe, dann ist das eine etwas andere Sache und dann habe ich auch ein anderes Verhandlungspotential und andere Möglichkeiten auch da einzugreifen.
Fabian Heinrich: Ja, ich mein indirekter Einkauf ist ja dann auch so ein bisschen eine Kulturfrage, also will ich diese Budget Mentalität haben, wo vielleicht die Fachabteilung einkauft, der Bedarf und jeder sein eigenes Süppchen kocht, solange er da im Budget bleibt. Oder will ich wirklich eine Einkaufs Mentalität haben, wo dann der indirekte Einkauf auch Wert treibt? Oder wie siehst du das?
Nina Bomberg: Also ich sehe das eigentlich immer in einer relativ engen Partnerschaft, denn da wo die Budgets natürlich in den meisten Unternehmen jedes Jahr wieder auf der Kippe stehen, jedes Jahr in Frage gestellt werden, aber jedes Jahr die Projekte immer mehr werden, ist es eigentlich der indirekte Einkauf, der der Fachabteilung helfen kann, mit Ihrem Budget auszukommen und mit Ihrem Budget noch das umzusetzen, was sie sich vorgenommen hat. Denn ja, es geht natürlich schon so, dass, wenn der Einkauf dann etwas spart dass es dann schnell gegen das Budget gerechnet wird. Es ist aber eben auch so, dass dann schnell schon mal gesagt wird: Hey, pass mal auf, wenn ihr jetzt noch Budget habe, dann könnt ihr das Projekt jetzt noch machen, was ihr geplant habt.
Fabian Heinrich: Und hat da Covid für eine Art Umdenken gesorgt, dass man quasi mehr aufs Budget schaut und quasi dann mehr den Einkauf auch als Werttreiber sieht, seit Covid?
Nina Bomberg: Ich glaube, was für uns jetzt in Covid Zeiten eigentlich noch viel wichtiger war, war die Bestands- und die Liefersicherheit noch mehr als der Preis, denn den Preis kann ich halt momentan bei manchen Sachen relativ schlecht verhandeln. Es ist egal welches Edelmetall ich mir angucke oder auch Stahl. Es müssen keine Edelmetalle sein, aber auch Stahl und Kupfer. Es geht alles durch die Decke. Das heißt, da habe ich nur mäßig viel Spielraum, wirklich Preise zu verhandeln. Da kann ich jetzt versuchen besser zu sein als der Markt. Aber ich werde keine großen Ersparnisse erzielen. Wenn ich aber dafür sorgen kann, dass ich Material hat, während es schwer ist, an Material zu kommen, dann habe ich eigentlich schon gewonnen. Also jeden momentan, der Chips einkauft, der ist froh für alle Chips, die er bekommt.
Fabian Heinrich: Na klar. Ja, ich meine, das scheint ja dann schon ein vielfältiges Feld an Herausforderung zu sein. Ich sehe jetzt zum einen, was du erzählst, es ist ja irgendwo schon auch die Herausforderung, dass man eine große Vielfalt an Themen beackern muss und weil man eine große Vielfalt an Themen einkaufen muss, also vom Elefanten über die Schraube bis vielleicht zur Putzfrau, überspitzt formuliert. Und ich könnte mir vorstellen, ist natürlich auch schwierig, das in einer standardisierten Software durchzuführen. Auf der einen Seite, auf der anderen Seite schwierig, die richtige Kultur dafür im Unternehmen zu entwickeln, dass der Bedarfsträger dann den Einkauf auch tatsächlich so als Werttreiber sieht. Und ich glaube, das dritte könnte ich mir vorstellen, ist wahrscheinlich ja auch die die Fähigkeiten und die Skills, die dann der Einkäufer braucht. Ich meine, ich kann mich wahrscheinlich so gezielt auf eine Kategorie fokussieren. Also ich glaube die Elefanten Kategorie, die wird es nicht geben, oder sehe ich das falsch, dass das die herausforderndsten sind? Oder gibt es da eine Herausforderung? Oder wie wir das in den letzten Jahren bei euch?
Nina Bomberg: Also ich denke schon, dass im indirekten Einkauf mehr Generalisten am Start sind als im direkten Einkauf. Definitiv, weil man einfach ein größeres Spektrum hat. Und auch wenn wir jetzt zum Beispiel einen dezidierten Einkäufer haben für Logistik kann es gut sein, dass der halt in der Zukunft dann auch mal was anderes kauft. Im indirekten Einkauf ist es schon relativ üblich. Ich glaube aber auch, dass im indirekten Einkauf viele Verhandlungen sehr ähnlich sind. Logistik und IT würde ich vielleicht ein Stück weit rausnehmen, weil die etwas anderen Mechanismus haben und anders funktionieren. Aber wenn ich jetzt zum Beispiel bei Dienstleistern bleibe, die haben alle eigentlich die gleichen Preistreiber. Und wenn ich einmal die Preistreiber verstanden habe in einer bestimmten Ecke, die ich kaufe, dann ist die Verhandlung immer die gleiche. Also wenn ich zum Beispiel Maschinen und Anlagen kaufe und einmal verstanden habe, dass der Stahl nur ein minimaler Preistreiber ist, sondern der Preistreiber eigentlich die Ingenieursstunden sind, die in die Zeichnungsentwicklung gehen. Und das, wenn ich da relativ früh im gefrorenen Status kreieren kann, mit meiner Zeichnung, ich da eigentlich gewinnen kann, im Preis der Maschine aber nicht, ob die Maschine hinterher 500 Kilo schwerer oder leichter ist, das ist nicht der Fall, wo sich der Preis zum Beispiel entscheidet. Wenn ich diese Sachen einmal weiß für die verschiedenen Kategorien, dann kann ich sie im Prinzip durch die Bank alle verhandeln.
Fabian Heinrich: Nein, das macht natürlich komplett Sinn und Thema Automatisierung und Software. Welche Softwareplayer siehst du im Moment im indirekten, weil ich meine Kataloge, das ist ja jetzt nichts Neues. Das gibt es ja theoretisch schon seit 10 Jahren. Es gibt ja auch theoretisch schon etablierte Player oder die ein, zwei, drei Platzhirsche, die aus dem Direkten kommen, die hier und da für den indirekten Bereich auch was machen. Ich meine, im Vorgespräch meintest du ja, man muss teilweise den ersten Schritt erst mal machen, bevor man den zweiten oder dritten geht. Das wäre mal spannend, hier deine Meinung zu hören.
Nina Bomberg: Ja, ich glaube, wir besprechen halt immer viel in der Branche allgemein, in der Digitalisierung und wie wir die nächsten Schritte gehen etc.. Und ich glaube, wir verpassen so ein bisschen den Punkt, dass viele noch gar nicht losgelaufen sind. Also wie gesagt, das Unternehmen, wo ich vor neun Jahren angefangen habe, die hatten nicht mal Bestellungen und diese Unternehmen gibt es auch heute noch, die noch nicht mal Bestellungen haben oder Unternehmen, wo wir darüber reden, ob sie Bestellungen automatisieren können. Und wenn man sie mal fragen würde, ob sie es denn geschafft haben, in den letzten 20 Jahren, ihre Master Daten aufzuräumen: Das stand auf der nice to have Liste und mit schlechter Master Data kann ich nichts automatisieren. Also wenn ich niemanden mehr hab, der hinterher drüber guckt, weil er mit seinen 5 Jahren Erfahrung weiß, dass da der falsche Umrechnungsfaktor zwischen Rollen und Metern drinsteht. Weil der das einfach im Kopf hat, weil der das jedes Mal macht bei der Bestellung, dann bringt mir das nichts, dann kann ich das nicht automatisieren. Das heißt, diesen Schritt muss ich erst gehen, so langweilig das dann klingt. Aber da muss ich halt einfach durch. Wir haben jetzt den Vorteil: Okay, wir kommen aus dem großen Konzern und sind da ausgecarved worden. Das heißt, wir sind durch diesen Schritt schon gegangen. Wir haben auch genauso unsere Kataloge schon stehen. Und trotzdem ist natürlich Master Data auch immer so ein Evergreen, das ist nie perfekt und es ist nie richtig, weil es lebt halt, es sind lebende Daten und dann sind sie eben gefühlt, sobald sie hochgeladen sind schon falsch an irgendeiner Stelle. Aber ich denke, dass dann eben die Firmen, die da jetzt soweit sind, dann eben jetzt die nächsten Schritte gehen können. Und die nächsten Schritte gehen dann schon irgendwann in die Richtung, dass wir über den API, der uns mal, ich sage mal stupide Makros abarbeitet, weitergehen in dem Bereich, dass wir dann doch zu automatisierten Bestellungen kommen, zu wirklich automated resplenishing. Und nicht nur das, dass irgendjemand was triggert, dass eine Bestellung ausgelöst werden müsste, so etwas im Prinzip mein System schon mit dem System vom Lieferanten spricht und mein Lieferant eigentlich schon weiß: Wahrscheinlich bestellen die in vier Wochen, weil wenn ich mir jetzt deren Bestand angucke, dann kommen wir da aus. Und das sind halt momentan noch extrem privilegierte Lieferantenbeziehungen, die man hat, die man so weit in die eigenen Systeme gucken lässt. Und ich glaube, dass das aber deutlich üblicher werden wird, dass man sich dann näher verzahnt, um eben dann zum Beispiel, wenn man es jetzt sieht, wie man es jetzt in der Probesituation gesehen hat, dass die globalen Lieferketten alle ganz schön unter Druck geraten, dass man da besser optimieren kann.
Fabian Heinrich: Also quasi eine Verzahnung über die verschiedenen Glieder der Supply Chains hinweg. Das ist natürlich jetzt eher ein Thema, was die nächsten fünf bis zehn Jahre das sagen wir mal Tier 1, Tier 2, Tier 3 so integriert sind, dass die Bestellmengen dann automatisiert sind. Aber ich meine jetzt naheliegender: Wie siehst du das Thema, das man vielleicht im Unternehmen selbst Automatismen schafft, zwischen Bedarfsträger und dem indirekten Procurement, das ist ja auch noch weitestgehend sehr manuell.
Nina Bomberg: Bestimmt und ich denke, da gibt es auch definitiv noch Potential, wo man Dinge einfacher gestalten kann, wo auch wiederkehrende Bedarfe sind, die ja heute auch alle noch mal neu geklärt werden müssen oder wo Dinge vollkommen klar und eindeutig zu spezifizieren sind und man dann aber entsprechend nicht unbedingt komplett manuell eingreifen müsste. Gerade wenn es eben in 10 Teile geht, ist es ja schon so, dass das momentan auch noch so, dass es momentan noch, sobald es ein Stückchen rausläuft, aus dem ganz Normalen dann doch irgendwie auf manuellen Dienstweg gemacht wird und das ist mittelfristig sicherlich nicht mehr nötig.
Fabian Heinrich: Und wie denkst du, dass sich die Anforderungen an den Einkäufer verändern? In den nächsten fünf Jahren im indirekten Einkauf?
Nina Bomberg: Ich denke, grundsätzlich müssen die noch flexibler werden, müssen wir noch flexibler werden. Wenn ich mir jetzt angucke, auch, in welchem Tempo wir Innovationen im Bereich Tools reinbringen. Vor zehn Jahren war es halt so. Da hat man einmal die SAP Einführung über sich ergehen lassen und es war ganz grauenhaft und alles war schlimm und man hat es dann aber irgendwann hinter sich. Und dann lief 10 Jahre SAP, nachdem man alle User mal geschult hatte. Und heute ist es eher so, dass man sagt Hey, pass auf, ich hab da ein Start-up gesehen, das ist genau die Lücke, die wir haben. Lass uns das mitnehmen und das ist vielleicht die richtige Lösung für die nächsten zwei Jahre, vielleicht für die nächsten drei Jahre. Und danach unter Umständen aber auch schon nicht mehr, weil wir diese Lücke dann mit einem anderen Tool geschlossen haben oder weil es diesen Bedarf dann nicht mehr gibt, weil er abgelöst wurde vom Nächsten, was auch immer.
Fabian Heinrich: Ja, jetzt haben wir viel über Innovation gesprochen, auch über Automatisierungen und wie sich der indirekte Einkauf entwickelt hat, die letzten 10, 15 Jahre. Was wäre nun deine Vision für den Einkauf der Zukunft? Das wäre noch mal ganz spannend, um das Ganze hier abzuschließen.
Nina Bomberg: Ich denke, dass es wirklich viel darum geht, noch deutlich vernetzter zu werden, dass diese Lieferketten deutlich enger zusammenwachsen und dass man da einfach auch viel mehr zusammen statt gegeneinander arbeitet. Denn am Ende des Tages hängt diese ganze Lieferkette aneinander und in der ganzen Lieferkette gibt es eine gewisse Menge an Wertschöpfung, die man da generieren kann. Und wenn man ein Stückchen weiter wegkommt von: Ich muss das absolute Maximum für mich rausholen und es ist mir egal, ob die anderen überleben, dann glaube ich, hat man eher eine Chance, eine eine stabile Supply Chain aufrechtzuerhalten, was glaube ich, in der Zukunft noch viel wichtiger sein wird, als es das jetzt war.
Fabian Heinrich: Ja, Nina. Es war ein sehr spannendes Gespräch mit dir, sehr vielen Dank, dass du hier bei uns im Podcast warst, hat uns sehr gefreut und es waren wieder einmal spannende Einblicke in den Einkauf.
Nina Bomberg: Danke, hat mir viel Spaß gemacht und wünsche euch nun viel Erfolg.
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